Die Bundesregierung stuft politische Gegner nach eigenem Ermessen als „Delegetimierer“ des Staates ein, um sie dann mit polizeilichen und geheimdienstlichen Mitteln zu verfolgen. Wie dies in der Praxis aussieht, erfuhr der Arzt, Aktivist, Blogger und Publizist Paul Brandenburg am eigenen Leib mit zunächst mit einer frühmorgendlichen Erstürmung seiner Wohnung durch die Polizei und dann durch ein Schreiben des LKA Berlin persönlich. Den Wortlaut des Behördenschreibens dokumentiert er auf seiner Internetseite.
Dort ist zu lesen:
Im Verfassungsschutzbericht 2021 wurde erstmals die neu erfundene Extremistenkategorie der sogenannten “Verächtlichmacher“ von Politikern und Institutionen des Staates verwendet.
Dieser Erfindung nach seien all solche Menschen „staatsgefährdende Extremisten“, die nach Ansicht des Innenministeriums „Agitation gegen und Verächtlichmachung von demokratisch legitimierten Repräsentantinnen und Repräsentanten“ betreiben. Ausdrücklich nicht erforderlich für eine Erfassung in dieser Kategorie sei, dass Beschuldigte die „Demokratie unmittelbar in Frage“ stelle.
Was diese historische Ausweitung des „Staatsgefährder„-Begriffes in der Praxis bedeutet, durfte der Autor dieses Textes erstmals am im April 2022 als Betroffener erfahren. In einem Schreiben des Landeskriminalamtes Berlin (Abt. Polizeilicher Staatsschutz / Waffenbehörde), teilte dieses mit, dass es den Widerruf meines Jagdscheines und zugehöriger Waffenbesitzkarte beabsichtig – aufgrund der o.g. Vorwürfe.
Nachfolgend ist der Text des Schreibens unverändert wiedergegeben. Entfernt wurden lediglich personenbezogene Daten sowie Passagen mit allgemeinen Rechtshinweisen (Auslassungen gekennzeichnet durch Klammern). Zum besseren Überblick sind die markantesten Behauptungen der Behörde in dieser Wiedergabe durch Fettdruck hervorgehoben.
— Beginn des Schreibens des Landeskriminalamtes Berlin vom 14.4.22 —
Polizei Berlin
Landeskriminalamt Berlin
LKA 514 — Waffen- und Jagdrecht
(…)
Herrn
Dr. Paul Brandenburg
(…)
14.04.2022
Durchführung des Waffengesetzes und des Bundesjagdgesetzes
hier: Widerruf Ihrer Waffenbesitzkarte und Einziehung Ihres Jagdscheins
Sehr geehrter Herr Dr. Brandenburg!
Im Rahmen der regelmäßigen Überprüfung Ihrer Zuverlässigkeit habe ich festgestellt, dass Sie auf Ihrer Internetseite „www.paulbrandenburg.com“ regelmäßig und systematisch Verächtlichmachungen gegen den Staat und dessen Repräsentanten veröffentlichen. Beispielhaft hielten Sie auf einer Versammlung zum Thema „Für eine freie Impfentscheidung“ am 14.03.2022 eine Rede, deren Text Sie veröffentlicht und vielfach verlinkt haben. Darin und in weiteren Beiträgen wird u.a. die Missachtung der Verfassung und Gewaltenteilung, die Abschaffung der Unabhängigkeit der Justiz, die Aushöhlung des Rechtsstaats, die Aussetzung der Meinungsfreiheit durch die Regierung, die Zensur der Presse, die Kriminalisierung und Schikane von Publizisten sowie das Verbot regierungskritischer Versammlungen behauptet. Die Regierung wird als ein Regime von Verfassungs- und Gesetzesbrechern dargestellt.
Vergleichbare verächtlichmachende und delegitimierende Inhalte finden sich in einer Vielzahl von Online-Beiträgen und Darstellungen in sozialen Netzwerken und Kanälen wie Telegram, Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, Rumble und Odysee. Über diese
(Seitenumbruch)
sowie über die von Ihnen geschäftsführend geführte „theplattform.net“ und die Podcasts „zwanzig/eins“ und „Nacktes Niveau“ veröffentlichen Sie regelmäßig Beiträge, die sich vornehmlich gegen das politische System und Funktionsträger richten. Systematisch und regelmäßig stellen Sie die Regierung als „faschistisches Regime“ dar, welche die Freiheiten bzw. Grundrechte seiner Bürgerinnen und Bürger massiv oder gar gänzlich beschneidet. Die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung ziehen Sie als Grundlage Ihrer sicherheitsgefährdenden Aussagen heran. Sie behaupten die Machtausweitung der Exekutive hin zu einem Obrigkeitsstaat und die zeitnahe lebensbedrohliche Gefährdung der Regierungskritiker durch den deutschen Staat. In der Gesamtschau schüren die vorstehender Aussagen systematisch und regelmäßig die Gefahr der Erschütterung des Vertrauens in das staatliche System und dessen Funktionsfähigkeit.
Sie agitieren offensiv gegen demokratisch legitimierte Repräsentanten des Staates. So bezeichnen Sie diese öffentlich und medienwirksam als „Lügner“, „Hetzer“ und „Faschisten“, welche „gestoppt werden müssen“. Der amtierenden Bundeskanzler wird zudem in einer seiner Veröffentlichungen mit einer Axt im Kopf und dem Titel „Es gibt keine Spaltung“ in gewaltverherrlichender Weise dargestellt. Damit verlassen Sie den Boden einer legitimen Regierungskritik.
Wiederholend und systematisch rufen Sie im Weiteren öffentlich zu „zivilem Ungehorsam“ auf. Bespielhaft beschreiben und zeigen Sie detailliert mittels Videobeitrag auf „paulbrandenburg.tv“ das Fälschen eines Impfpasses. Der Beitrag hebt sich dabei deutlich von dem Zusatz „Nur zur Fortbildung: Niemals umsetzen“ ab und verweist im Weiteren auch auf die „Herstellung von Stempeln und Etiketten“. Ferner bezeichnen Sie in Ihrem Podcast „Nacktes Niveau“ zum Thema „Ziviler Ungehorsam“ die Covid-19-Pandemie als eine politische Terrorerfindung. Eingebettet in die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie bewerben Sie zudem regelmäßig eine kompromisslose Verweigerung der Unterwerfung unter jegliche Zwangsmaßnahmen und bauen mit beispielhaften Beschreibungen wie „Wer auf Beendigungen der „Maßnahmen“ durch das Regime selbst wartet, wird seine Freiheit nie zurückgewinnen und seine Kinder einem neuen Faschismus überlassen“ ein bedrohlich wirkendes Zukunftsszenario auf.
Diese und weitere Verlautbarungen inkludieren Ihre Bereitschaft zur Regelverletzung, verbunden mit dem Risiko entsprechender Sanktionen. Damit kommt es Ihnen mit der von Ihnen mehrfach beworbenen Protestform des „zivilen Ungehorsams“ gerade auf die punktuelle Rechtsverletzung an.
Ihre Verlautbarungen zeigen in der Gesamtschau und unter Würdigung der Regelmäßigkeit der Verbreitung sowie der Mittel und Formen der Verbreitung, dass Sie die demokratischen Entscheidungsprozesse und die Repräsentanten der Bundesregierung in sicherheitsgefährdender Art und Weise verächtlich machen wollen. Sie negieren die Gewaltenteilung mit den entsprechenden Institutionen von Legislative, Exekutive und Judikative. Mit den Aufrufen zum „zivilen Ungehorsam“ zeigen Sie, dass Sie die Regelungen im Zusammenhang mit der Eindämmung der Covid-19-Pandemie nicht als für sich verbindlich anerkennen. Es steht zu befürchten, dass Sie Ihre ideologischen Ansichten neben der bestehenden Rechtsordnung durchzusetzen versuchen. Zugleich mobilisieren Sie damit auch andere zur Missachtung der bestehenden Regelungen.
– 2 –
Als Inhaber einer waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnis wird von Ihnen erwartet, dass Sie (insbesondere waffen- oder jagdrechtliche) Vorschriften jederzeit beachten und befolgen und zwar unabhängig davon, ob Sie persönlich diese Vorschriften für sinnvoll halten. Der o.a. Sachverhalt steht dem aber entgegen, denn von Ihnen kann nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass Sie waffen- oder jagdrechtliche Vorschriften anerkennen und jederzeit beachten, vor allem dann, wenn Sie nicht Ihrer subjektiven Sicht der Dinge entsprechen.
(…)
– 3 –
Ich beabsichtige daher, Ihre o. g. waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen und den Jagdschein einzuziehen.
(…)
Mit vorzüglicher Hochachtung
Im Auftrag
(…)
—Ende des Schreibens —
Zur Einordnung der Wertungen der Behörde erscheinen mir folgende ergänzende Tatsachenhinweise relevant:
Regelmäßig behördlich sicherheitsüberprüft“ wurde ich vor Beginn der „Corona-Maßnahmen“