Wie vor der Corona-Zeit schon einmal Unrecht zu Recht wurde

Viele Gerichtsprozesse und Urteile in der Corona-Zeit und in Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen haben Kritiker daran zweifeln lassen, dass der deutsche Rechtsstaat noch funktioniert. Wie schon einmal Unrecht zu Recht wurde, zeigt eine Dokumentation auf arte am Beispiel des Nationalsozialismus. Wer möchte, kann zwischen heute und damals Parallelen darin erkennen, wie die Justiz politisiert wurde. 

Auch heute ist die Justiz nicht unabhängig von der Politik: Richter und Staatsanwälte sind als Beamte existenziell vom Staat und den den Staat gestaltenden Kräften, der Politik, abhängig. Selbst die höchsten Richter, welche über die Politik urteilen sollen, werden aus der Politik heraus ernannt. Hier steht insbesondere der Präsident des Bundesverfassungsgerichts,  Dr. Stephan Harbarth, als ehemaliger Bundestagsabgeordneter in der Kritik. Mit ihrer Weisungsbefugnis können zudem die Innenminister direkt auf die Staatsanwaltschaften einwirken. Der Schatten der NS-Justiz reicht bis in die heutige Zeit.

Die Zerstörung der traditionellen Rechtsordnung gehört vermutlich zu den weniger bekannten und dennoch wesentlichen Zielen des NS-Staates. Es galt, durch die Unterwerfung des Justizapparates die Vorherrschaft der „Volksgemeinschaft“ über den Einzelnen zu etablieren. Die Doku betrachtet die Werdegänge von vier Menschen, die aktiv mitwirkten oder zu Opfern wurden. 

Als erbitterte Gegner des herkömmlichen römischen Rechts, der Philosophie der Aufklärung und der von der Französischen Revolution getragenen Werte wollten die Nationalsozialisten ihre Vorstellungen von der Rolle der Justiz um jeden Preis durchsetzen. So wurde die Etablierung einer starken nationalsozialistischen Rechtspflege zur vorrangigen Aufgabe, bildete sie doch die Grundlage der „neuen Welt“, die das Tausendjährige Reich hervorbringen sollte. 

Die Gleichschaltung der Justiz begann zunächst in Deutschland und hatte die Errichtung einer durch Blut- und Rassegesetze bestimmten Gesellschaft zum Ziel. Zur atmosphärischen Kulisse von Fritz Langs Film „M“, der in einer deutschen Großstadt spielt und 1931 in die Kinos kam, erzählt die Dokumentation die Geschichte dieser radikalen Umformung der Justiz.

An vier Einzelschicksalen werden Triebkräfte und ideologische Hintergründe dieses Bruchs erforscht. Wie gelang es Hitler und seinen Gefolgsleuten, die Rechtsordnung derart auszuhöhlen und durch die schrittweise Unterwerfung des gesamten Justizapparates die Vorherrschaft der „Volksgemeinschaft“ über den Einzelnen durchzusetzen? 

Neben dem Werdegang des bayrischen Scharfrichters Johann Reichhart, der weit über 3.000 Todesurteile vollstreckte (darunter auch das der Geschwister Scholl), schildert die Dokumentation das Schicksal der Gerichtsreferendarin und Widerstandskämpferin Elisabeth Gloeden, des hochrangigen NS-Juristen und Polizeichefs Werner Best und des Rechtsanwalts und Nazi-Gegners Hans Litten. 

In der zwölf Jahre währenden NS-Ära (1933 bis 1945) verhängten Hitlers Gerichte etwa 16.000 Todesurteile. 30.000 weitere wurden von Militärgerichten ausgesprochen. Dieser Justizterror diente zunächst der Ausschaltung und Vernichtung des inneren Feindes und kündigte gleichzeitig die kommenden Eroberungskriege und den Schrecken des Holocaust an. 

Die Zerstörung von Recht und Justiz endete erst 1946 mit den Nürnberger Prozessen und der Einführung neuer internationaler Regeln. 

Dokumentarfilm von Jean-Marie Barrere (F 2023, 103 Min) auf arte 

Video verfügbar bis zum 22/06/2026

Hier gefunden: https://www.youtube.com/watch?v=07oAxE9KuWA&list=TLPQMTYwODIwMjNux3uO2rO2iw&index=3