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Gekaufte Journalisten: So eng sind Staat und Medien miteinander

Bereits früher stand Ex-ARD-Moderatorin Zervakis wegen Honoraren von der Bundesregierung in der Kritik. Eine „Achtung, Reichelt!“-Recherche zeigt jetzt: Die Journalistin kassierte deutlich mehr als bereits bekannt.

Der Honorar-Skandal um Pro 7-Moderatorin und Ex-„Tagesschau“-Sprecherin Linda Zervakis weitet sich aus: Nach Recherchen von „Achtung Reichelt!“ hat Zervakis in den vergangenen Jahren sogar Zehntausende Euro von der Bundesregierung kassiert. Bislang war nur publik geworden, dass Zervakis für ein 20-minütiges Interview auf der Digitalmesse re:publica mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mehr als 1.100 Euro erhalten hatte.

Tatsächlich aber war es deutlich mehr. Zervakis kassierte vergangenes Jahr als Pro7-Moderatorin mehr als 12.000 Euro vom Bundeskanzleramt und der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration für Moderationsjobs – etwa auch bei der Veranstaltung „Deutschland. Einwanderungsland. Dialog für Teilhabe und Respekt“. 

Hinzu kommen weitere Honorare – sie fallen in die Zeit, als Zervakis noch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk tätig war. Während sie die ARD-„Tagesschau“ moderierte, kassierte sie vom Bundeskanzleramt Honorare für die Moderationen des Nationalen Integrationspreises in den Jahren 2018, 2019 und 2020. Insgesamt belaufen sich Zervakis‘ Einnahmen für Moderationen von Organen der Bundesregierung schätzungsweise auf vermutlich mehr als 20.000 Euro. 

Zum Vergleich: Der Durchschnittsverdienst des deutschen Bundesbürgers beläuft sich auf 4.105 Euro brutto. Anlass der Recherche war die Antwort der Bundesregierung auf eine aktuelle Anfrage der AfD-Abgeordneten Martin Renner, Dr. Marc Jongen und Dr. Götz Frömming, welche „Achtung, Reichelt!“ vorliegt. In dieser wird ausgewiesen, welche Honorare die Bundesministerien Journalisten für Auftritte, etwa bei Moderationen, Teilnahmen an Podiumsdiskussionen oder Medientrainings, zahlten.

Brisante Honorare: Bis zu 10.000 Euro für drei Moderationen

In dem Dokument sind Namen anonymisiert und durch Nummern ersetzt, aber bei „Journalist 97“ handelt es sich nach „Achtung Reichelt!“-Recherchen um Zervakis. Die genauen Honorare gehen aus der Auflistung der Bundesregierung nicht hervor. Nimmt man den durchschnittlichen Betrag aller vom Bundeskanzleramt angegebenen, an öffentlich-rechtliche Journalisten gezahlte Honorare, sollte Zervakis für diese drei Moderationen zwischen 8.000 und 10.000 Euro erhalten haben. 

Auf Anfrage von „Achtung Reichelt!“ teilte Linda Zervakis’ Management mit, dass sie bei den „benannten weiteren Veranstaltungen […] als Moderatorin, nicht als Journalistin, tätig geworden“ sei. Linda Zervakis sei regelmäßig als Moderatorin von Veranstaltungen tätig und erhalte Honorare, die „individuell ausgehandelt und nicht veröffentlicht“ würden. Dies sei ein branchenüblicher Vorgang. „Den ihr gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern ARD als auch ProSieben obliegenden Verpflichtungen ist Linda Zervakis stets nachgekommen.“

 

„Journalist 97“ ist Linda Zervakis
 

Die Honorare für Zervakis’ Moderationen sind auch vor dem Hintergrund brisant, dass immer wieder über die zu große Nähe von Journalisten zu Regierungsvertretern und fehlende Neutralität diskutiert wird. Zuletzt wechselte etwa ARD-Journalist Michael Stempfle ins Verteidigungsministerium von Boris Pistorius (SPD), nachdem er ihn zuvor in einen Artikel auf tagesschau.de gelobt hatte.

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