Die USA zerstören nicht nur die Ukraine, sondern auch Europa

Dass man sich in Russland immer ungläubiger die Augen reibt, wenn man sich die Politik der EU anschaut, hat ein interessanter Beitrag des russischen Fernsehens gezeigt. Dass Berlin und Brüssel den in Jahrzehnten aufgebauten Wohlstand immer schneller und mit ihren eigenen Händen in Stücke schlagen, nur um dem großen Bruder in Übersee zu gefallen, das versteht in Russland niemand.

Von Thomas Röper auf Anti-Spiegel

Das wurde auch an diesem Sonntag wieder in dem Bericht des russischen Deutschlandkorrespondenten deutlich, der im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens gezeigt wurde. Ich habe den russischen Beitrag übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Ein charakteristischer Artikel ist in der amerikanischen Zeitschrift The National Interest erschienen. Die Autoren waren der italienische Essayist und Politologe Stefano Graziosi und James J. Carafano, Vizepräsident der American Heritage Foundation. Sie beginnen mit der Feststellung, dass Europa niemals hätte beschließen dürfen, den Verkauf von Benzin- und Dieselfahrzeugen ab 2035 zu verbieten:

„Die Abhängigkeit Europas von Peking, das den Batteriemarkt für Elektroautos kontrolliert, wird nur noch stärker werden, wenn kohlenstoffbetriebene Autos verboten werden. Daran wird sich auch langfristig nichts ändern, denn China kauft die Rechte an Lithiumvorkommen in Afrika und Lateinamerika schnell auf. Brüssel stellt sich gegen die elementare Logik. Selbst wenn es versucht, Wladimir Putin mit Sanktionen zu bestrafen und seine Abhängigkeit von russischer Energie zu verringern, verstärkt es nur eine andere Abhängigkeit von China, dessen autoritäres Regime enge Beziehungen zu Moskau unterhält und die russische Militäroperation nie verurteilt hat. Außerdem ist es kein Geheimnis, dass die Kommunistische Partei Chinas ihren politischen Einfluss in einer Reihe von europäischen Ländern festigt und gerade die etablierten transatlantischen Beziehungen durch Handelsbeziehungen zerstört. Die Sanktionen gegen Moskau zu verhängen und sich Peking anzunähern, ist sinnlos.“

Nun gut, das stimmt. China scheint in der Tat ein weltweites Monopol auf Batterien für Elektrofahrzeuge zu haben. Doch dann folgt die paradoxe Schlussfolgerung:

„Es ist an der Zeit, dass die transatlantische Gemeinschaft einige harte Entscheidungen trifft. Der Westen braucht Energie, um unabhängig von seinen Feinden zu sein. Der Westen braucht Öl, Gas und Kernenergie, um zu prosperieren, die Energiesicherheit zu gewährleisten und den Planeten und die Umwelt zu schützen. Dazu muss Amerika der führende Exporteur von Öl und Gas werden. Und Europa braucht eine verantwortungsvolle Energiepolitik, die auf gesunden Menschenverstand, Innovation und marktwirtschaftliche Lösungen setzt, statt auf eine politische Agenda mit unerfüllbaren Fantasien.“

Das heißt, Europa soll sich Amerika komplett unterwerfen und sogar seine grüne Energie begraben. Freundliches amerikanisches Gas und Öl lösen alle Probleme. Und keinerlei Abhängigkeit von den Feinden.

Hören Sie, mit einem Freund wie den USA braucht Europa keine Feinde mehr. Ist es nicht Amerika mit seinem Beharren auf der Osterweiterung der NATO, das Europa in diesen miserablen Zustand gebracht hat? Ist es nicht Amerika, das jetzt auf die anti-russischen Sanktionen drängt, die für Europa so zerstörerisch sind? Die deutsche Wirtschaft – der Motor Europas – droht zu entgleisen und seine Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.

Die USA schalten Europa als wirtschaftlichen Konkurrenten einfach aus. Infolgedessen steht der Dollar bereits über dem Euro. Was weiter? Es waren die Amerikaner, die Europa gegen Russland ausgespielt haben. Ist das etwa freundschaftlich? Hätten Sie auf Putin gehört und unsere Vorschläge zur gleichberechtigten Sicherheit akzeptiert, wäre alles gut gewesen, vom Frieden bis zu Nord Stream 2.

Na gut, nicht auf Putin gehört, aber zumindest auf den gesunden Menschenverstand. Amerika spielt sein Spiel. Europa ist darin nur Verschleißmaterial. Es geht nicht mehr nur um die Ukraine, sondern um ganz Europa. Schön, oder?

Ein Bericht unseres Deutschlandkorrespondenten.

Die direkten Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland wurden eingestellt. Nord Stream 1 wird noch bis mindestens 21. Juli gewartet. Das passiert jedes Jahr im Juli, aber dieses Mal ist das verständlicherweise etwas Besonderes. Siemens konnte eine Turbine nicht rechtzeitig von der Überholung in Kanada, wo sie unter Sanktionen gefallen war, an Gazprom liefern, so dass der Gasdurchfluss der Pipeline bereits vor Beginn der Arbeiten auf 40 Prozent ihrer Kapazität gesunken war.

„Es wäre nicht verwunderlich, wenn sie einen weiteren kleinen Fehler finden und sagen: Wir können wieder kein Gas schicken, wir haben bei den Reparaturen noch was anderes gefunden“, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Was der Herr Minister meinte, war natürlich, dass das ein Vorwand sein würde – tatsächlich wollen die Russen den Gashahn nämlich aus politischen Gründen nicht aufdrehen. Das heißt, aus genau demselben Grund, aus dem Deutschland in Zukunft auf russisches Gas verzichten will. Dabei ist klar, dass die grenzenlose Bereitschaft Berlins, die Ukraine zu unterstützen, ihre Grenzen hat und der Zusammenbruch der Wirtschaft nicht innerhalb dieser Grenzen liegt. Trotzdem: Politische Pläne haben die Angewohnheit, manchmal früher als gewollt einzutreffen.

„Wie sähe das Worst-Case-Szenario aus, wenn Russland seine Gaslieferungen ganz einstellt?“, wird Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, von einer Journalistin gefragt.

„Es wird sehr, sehr dramatisch. Aber um ehrlich zu sein, spüren wir bereits die ersten negativen Folgen: Die Erzeugerpreise steigen, die Preise für die privaten Haushalte steigen. Wir müssen jetzt alles tun, was wir können, um zu sparen. Wir sind nicht hilflos. Wir können etwas tun.“

„Die Gaspreise steigen weiter im Rekordtempo, kann die Bundesnetzagentur etwas dagegen tun?“

„Nein.“

Am Mittwoch erreichte der Gaspreis auf dem europäischen Markt erneut einen Höchststand von 1.900 Dollar pro tausend Kubikmeter. Es heißt, dass er bis Oktober bei 3.500 liegen kann. Der Chef der Wirtschaftskammer Österreich, Harald Maner, bemerkte in dieser Woche, dass die Sanktionen nur mit einer Gehirnhälfte beschlossen wurden.

Auf einem Parteitag in Tirol formulierte der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer ein Programm zur Lösung des Problems. Na ja, man kann auch noch die andere Gehirnhälfte abschalten: „Wenn wir so weitermachen, bleiben uns nur zwei Möglichkeiten: Alkohol und psychotrope Substanzen.“ Das heißt, sich entweder besaufen oder nicht mehr so weitermachen. Nehammer selbst räumte jedoch ein, dass die zweite Option sehr schwierig wäre, da sie einen kompletten Richtungswechsel bedeuten würde.

Die Opposition spricht ständig darüber und mit der Zeit steigen ihre Chancen, gehört zu werden.

„Die Tatsache, dass in der Ukraine angeblich westliche Werte verteidigt werden, können Sie sonst wem erzählen. Das ist Lug und Betrug. Es geht nicht um westliche Werte, es geht um amerikanische Interessen. Biden ist der Einzige, der gewinnt, der seinem Land zwar nicht wirklich etwas geben kann, der aber den Weltführer und großen Strategen spielt. Sie haben das Ziel, die einzige Supermacht der Welt zu sein, sie exportieren Waffen, und je mehr NATO-Mitglieder es gibt, desto mehr US-Waffen gibt es in der Welt. Mit dem NATO-Erweiterungsprogramm können sie alles destabilisieren. Natürlich nehmen sie keine Flüchtlinge aus der Ukraine auf. Sie verkaufen ihr Flüssiggas, das für uns unter Trump noch unerschwinglich war, jetzt zu Superpreisen. Und wenn es knallt, werden die Amerikaner wie immer sehr weit weg sein – das ist die amerikanische Politik, das sind die amerikanischen Werte“, sagt Herbert Kickl, ehemaliger österreichischer Innenminister und Bundesparteiobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs.

Der Plan zur Vernichtung der europäischen Konkurrenten läuft. Die Europäische Kommission trompetet von der angeblich von Russland ausgelösten Lebensmittelkrise, während die nationalen Regierungen ihre eigene Landwirtschaft im Einklang mit ihrer grünen Politik ruinieren. In den Niederlanden, Deutschland, Italien und Spanien revoltieren die Landwirte, die nicht nur gezwungen sind, die Benzinpreise zu bezahlen, sondern auch gezwungen werden, keinen Stickstoffdünger mehr zu verwenden und ihren Viehbestand um ein Drittel zu reduzieren. In den sozialen Medien wird die Situation bereits als Krieg bezeichnet. Als erster Güllekrieg.

Das US-Finanzministerium gab diese Woche bekannt, dass es in den kritischen Bereichen Landwirtschaft und Energie eine Reihe anti-russischer Sanktionen aufheben wird. Aber was Jupiter darf, ist dem Esel noch lange nicht erlaubt, und das US-Finanzministerium wacht darüber, dass Europa auf Kurs bleibt.

„Eine Lockerung der Sanktionen würde die Gaslieferungen aus Russland nicht sichern, sondern nur einen Vorwand für Erpressungen liefern. Deshalb wird Deutschland die Ukraine so lange unterstützen, wie sie uns braucht. Und deshalb werden wir diese Sanktionen unterstützen und gleichzeitig dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft nicht gespalten wird“, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock.

Baerbock kann niemandem irgendwas garantieren. Deutschland verfügt nicht über die Mittel dazu, nicht einmal für eine langfristige politische Unterstützung für das Kiewer Regime. Baerbock übersieht, dass die Gesellschaft bereits gespalten ist, und der britische Telegraph schreibt darüber direkt und sogar mit einem Hauch von Rachsucht, denn Berlin freute sich im Stillen über Johnsons Rücktritt:

„Die Aussicht auf eine Rationierung von Gas hat bereits zu einem Rückgang der öffentlichen Unterstützung für die Ukraine geführt: Da die Lebensmittel- und Energiepreise weiter steigen, wollen 38 Prozent der Deutschen keine Maßnahmen gegen Russland. Scholz versucht, sowohl seine NATO-Verbündeten als auch Putin zu beschwichtigen, wird aber von beiden Seiten nicht respektiert. Gleichzeitig wird Deutschland unter Scholz in Ost-, Mittel- und Nordeuropa so verachtet und misstrauisch beäugt, wie seit 1945 nicht mehr. Entweder es knallt in Berlin mit der reellen Gefahr für die Regierungskoalition, zu zerbrechen, oder sie kapituliert vor Putin.“

Es gibt nur wenige Möglichkeiten und keine davon ist gut. Die Grünen verkommen zu ihrem eigenen Gegenpol, wenn sie eigenhändig die stillgelegten Kohlekraftwerke wieder in Betrieb nehmen, eine Entscheidung, die Anfang dieser Woche getroffen wurde. Natürlich kann man etwas einsparen, indem man die Beleuchtung historischer Gebäude nachts ausschaltet, oder indem man Stadien in Nachtquartiere für diejenigen umwandelt, die sich die Heizung in ihren eigenen Häusern nicht leisten können.

Die Bild-Zeitung hat nachgerechnet: Zweimal Waschen pro Woche spart 100 Euro Stromkosten, Wäschetrocknen auf der Leine statt im Trockner 150 Euro. So hat sie 25 nützliche Tipps, um 1.500 Euro zu sparen. Aber die Neuberechnung der Tarife am Jahresende wird sich auf 2.500 bis 5.000 Euro belaufen. Egal, wie viel man spart, man hat trotzdem noch Schulden. Ganz düster sieht es in der Mikro- und Makroökonomie aus.

Der Euro fällt gegenüber allen wichtigen Währungen. Zu Beginn der Woche herrschte historische Parität zwischen dem Euro und dem Dollar. Das scheint für die exportorientierte deutsche Wirtschaft eine gute Sache zu sein, aber nicht bei so hohen Öl- und Gaspreisen.

„Der schwache Euro wird für Deutschland zu einem Wohlstandsproblem. Das mag unlogisch erscheinen, schließlich war eine schwache Währung lange Zeit für den Erfolg der Exporte und damit für das Wachstum des Außenhandels verantwortlich. Aber diese alte Regel funktioniert nicht mehr. Der schwache Euro hilft heute nicht mehr den Exportunternehmen, sondern erhöht die Kosten für den Mittelstand und verteuert das Leben der Verbraucher“, schreibt Die Welt.

Von Anfang des Jahres bis Mai betrug das EU-weite Außenhandelsdefizit rekordverdächtige 163 Milliarden Euro. Und das, obwohl die wirtschaftliche Erholung von der Pandemie noch sehr stark war. Jetzt ist sie erschöpft. Und wie werden die Zahlen von Mai bis Dezember aussehen? Genauso oder doppelt so groß?

Eine halbe Billion Euro wird den Europäern aus der Tasche gezogen, um die anti-russischen Sanktionen zu bezahlen. Außerdem müssen sie die Ukraine noch vollständig aushalten. Oder doch nicht? Die Zweifel daran zeigen sich in der zögerlichen Übermittlung der zugesagten Finanzhilfe an Kiew. Plötzlich dämmerte es den europäischen Köpfen, dass die Ukraine das Geld niemals zurückzahlen wird und dass es heutzutage ein unerschwinglicher Luxus ist, neun Milliarden in ein schwarzes Loch zu werfen.

Der ungarische Ministerpräsident Orban gab daraufhin zu, dass die Lage schlimmer sei, als er gedacht habe: „Ich dachte, Europa hätte sich ins Knie geschossen, aber jetzt sieht es so aus, als wäre es ein Schuss in die Lunge gewesen, denn Europa erstickt. Ich würde denjenigen, die einen Arbeitsplatz haben, raten, den zu schätzen, denn es wird in naher Zukunft einen wirtschaftlichen Abschwung geben.“

Ist noch Zeit, an den Fehlern zu arbeiten, oder ist es vorbei und man kann vor dem Tod nicht mehr durchatmen? The Economist malt dieses Bild: Rotkäppchen im Wald, Gasleitungen anstatt Bäumen, ein Bär anstatt eines Wolfes. Es ist Nacht. Es liegt Schnee. Auf den ersten Blick bereitet sich Russland darauf vor, das unglückliche Europa zu zerreißen.

Aber das Bild ist etwas tiefgründiger: Wenn sich ein wehrloses Mädchen aus freien Stücken in eine solche Situation begibt, dann ist sie, egal welche Ausreden sie sich ausdenkt, nicht ganz richtig im Kopf. Diese Vermutung wird übrigens durch die Tatsache bestätigt, dass Europa nach den Sommerferien – wahrscheinlich Anfang September – ein weiteres Päckchen anti-russischer Sanktionen verabschieden wird. Manche nennen es bescheiden nicht einmal das siebte, sondern das sechseinhalbste Paket.

Jedenfalls steuert Rotkäppchen weiter auf ein böses Schicksal zu. Schließlich kann man diesem Bären nicht entkommen, indem man sich tot stellt.

Ende der Übersetzung

Hier gefunden: https://www.anti-spiegel.ru/2022/die-usa-zerstoeren-nicht-nur-die-ukraine-sondern-auch-europa/