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Die Justiz hat „ihre Kontrollfunktion des staatlichen Handelns weitestgehend aufgegeben“

Das Recht hat die Aufgabe, den Bürger vor dem Staat zu schützen – so der Rechtsanwalt Alexander Christ im Multipolar-Interview. Mit scharfen Worten kritisiert der Autor des Spiegel-Bestsellers „Corona-Staat“ die Justiz: Die Gerichte hätten „oftmals die Gesinnung abgeurteilt“. Ein Interview über „von der Politik eingesetzte Richter“ und die „Geister des Totalitarismus“.

Von MARCUS KLÖCKNER auf multipolar-magazin.de

Multipolar: Herr Christ, als Rechtsanwalt, der auf dem Boden der Demokratie steht, schämen Sie sich für die deutsche Politik in Sachen Corona – das schreiben Sie in Ihrem Buch. Warum schämen Sie sich?

Christ: Ich schäme mich als Rechtsanwalt in erster Linie für das, was die Rechtsprechung in den vergangenen zweieinhalb Jahren produziert hat, weitgehend Standardfloskeln und keine fundierte juristische Qualität. Als Bürger dieses Landes schäme ich mich dafür, dass die Geister des Totalitarismus und der Unterdrückung von zu schützenden Minderheiten oder Gruppen, die nicht für sich alleine entscheiden können, wie die Alten in den Pflegeheimen oder die Kinder in den Schulen, in Deutschland immer noch wach sind und wieder zurückkommen, wenn ungehemmte Politiker nach ihnen rufen.

Multipolar: Zu einem demokratischen Gemeinwesen gehört es, dass Bürger vor den Gerichten einen effektiven Rechtschutz erwarten können. Wie war das in Sachen Coronamaßnahmen in Deutschland?

Christ: Einen effektiven Rechtsschutz habe ich nicht feststellen können, und ich habe mir während der Recherche zu meinem Buch über 380 Urteile im Volltext komplett durchgelesen und viele hundert weitere Urteile in Leitsätzen oder in Auszügen angesehen. Das Recht hat vor allem die Aufgabe, den Bürger vor dem Staat zu schützen oder zwischen den Bürgern, in Rechtsstreitigkeiten untereinander, zu vermitteln und eine faire, möglichst gerechte Lösung in einem Streit herbeizuführen. Es hat also vor allem einen streitschlichtenden, ausgleichenden Charakter. Im Falle von Corona-bezogenen Streitigkeiten aber hatte das Recht eher einen streitfördernden Grundton, hier hat sich das Recht in Unrecht gewandelt, indem es vom Staat zur Bekämpfung seiner Bürger benutzt, ja missbraucht wurde.

Multipolar: Sie sind Anwalt, kennen sich mit dem Recht aus. Ab welchem Zeitpunkt haben Sie bemerkt, dass etwas aus dem Ruder läuft?

Christ: Schon recht früh, ehrlich gesagt. Ich habe im Laufe des Sommers 2020 bemerkt, dass die frühe Rechtsprechung zu Corona-Fragen ungenau und oberflächlich nur die Einheitsmeinung der Regierung wiedergibt. Und mir fiel früh auf, dass die Gesetze unpräzise und geradezu schlampig gemacht waren. Vieles widersprach sich gegenseitig, das wurde dann auch manchmal behoben, aber dort baute man wieder neue Fehler ein. Im Ganzen entstand der Eindruck von absichtlicher Schlampigkeit oder Gedankenlosigkeit, bei vielen Juristen, die das beobachtet haben. Im Buch erzähle ich die Geschichte dieser schludrigen Arbeit der Parlamente und der Politiker nach.

Multipolar: Wo sehen Sie die zentralen Probleme im Hinblick auf das Verhalten der Gerichte?

Christ: Vor allem stört mich, dass…

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