Corona-Proteste: „Die Gewalt ging vor allem von der Polizei aus“

Der Fotograf Marc Bernot begleitete die Corona-Proteste über mehrere Monate. Gewaltbereite Demonstranten hat er dabei nicht beobachtet, dafür aber unverhältnismäßige Härte der Polizei. In einem Bildband hat er seine Eindrücke festgehalten.

Interview von ANDRÉ JASCH auf Deutsche Wirtschaftsnachrichten

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Wie bist du auf die Idee gekommen, die Corona-Demonstrationen als Fotograf zu begleiten?

Marc Bernot: Es war diese Diskrepanz zwischen der öffentlichen Berichterstattung und den Augenzeugenberichten, die ich teils von Freunden bekam, aber auch den alternativen Medien entnehmen konnte. Es führte dazu, dass ich mir mein eigenes Bild machen wollte. Zum einen interessierten mich die Teilnehmer, aber auch das Vorgehen der Polizei. Nach meiner ersten Demonstration, die ich fotografisch begleitete, war ich verwirrt. Ich traf an diesem Tag nicht die Covidioten, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger, die man medial darstellte, sondern Lehrer, Ingenieure, Ärzte, Studenten oder anders formuliert, ein Querschnitt der Bevölkerung, dem die Freiheit überaus wichtig zu sein schien. Ich war aber auch geschockt. Es machte auf mich den Eindruck, als sei beim Einsatz der Polizei das rechtsstaatliche Prinzip vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit außer Kraft gesetzt worden. Es erschien mir, dass die polizeilichen Einschüchterungen und die polizeiliche Gewalt nur möglich waren, weil sie politisch gewollt und gedeckt waren. Das wollte ich dokumentieren.

 

DWN: In den Medien wurde schnell ein Bild der Demonstranten gezeichnet politisch extrem und potenziell gewaltbereit. Kannst du das bestätigen?

Marc Bernot: Nein, nicht einmal im Ansatz. Meiner Einschätzung nach waren viele politische Strömungen und unterschiedliche Weltbilder vertreten. Ich traf Menschen, die sich politisch links einordneten, Unternehmer, die vor Jahren FDP wählten, wieder andere erschienen mir sehr umweltbewusst ohne das sie ihre Parteivorliebe nennen wollten. Ich bin mit Menschen ins Gespräch gekommen, die sich selbst als konservativ verstanden und ich traf immer wieder Leute, die unpolitisch waren und auch nicht in politische Schubladen gesteckt werden wollten. Alle einte die Sehnsucht nach Freiheit und die Toleranz anderer Meinungen. Das machte meine Arbeit angenehm und es sagte mir zu, diese Menschen zu begleiten. Ich hatte also keinesfalls das Gefühl, in einem extremen Umfeld zu arbeiten. Demzufolge kann ich von meinen Eindrücken auch keine Gewaltbereitschaft bestätigen. Mehrfach erlebte ich Menschen, die Andere bei überzogenen Polizeieinsätzen dazu aufriefen, sich nicht provozieren zu lassen und ruhig zu bleiben. Sie lehnten jede Form von Gewalt ab, egal von wem. Es hatte für mich den Anschein, dass die Gewaltbereitschaft, die man den Demonstranten unterstellte, sich eher auf staatlicher Seite finden ließ.

 

DWN: Du hast die Demonstrationen über mehrere Monate begleitet. Hat sich der Ton auf den Demos und die Zielrichtung der Proteste dabei verändert?

Marc Bernot: Ja. Wahrscheinlich auch bedingt durch den Regierungswechsel nach der Bundestagswahl änderte sich der Ton. Meinem Empfinden nach wurde er jedoch nicht rauher. Ich nahm Fassungslosigkeit und Angst bei Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wahr und spürte nach dem Scheitern der allgemeinen Impfpflicht Hoffnung und Zuversicht. Ich konnte auch Wut und Ohnmacht wahrnehmen, als Menschen durch Politiker, Journalisten, Ärzte, Künstler und den vielen anderen, ausgegrenzt und beschimpft wurden. Ja, ich empfand das sich der Ton stetig der Lage anpasste, was meiner Meinung nach nicht zu einer erhöhten Aggression im Ton geführt hat. Und natürlich änderte sich auch die Zielrichtung der Proteste. In den Augen der Menschen auf der Straße waren nach dem Regierungswechsel Fehlentscheidungen kein ausschließliches Phänomen in einer fragwürdigen Gesundheitspolitik. Das war natürlich auch an den Inhalten der Plakate und Transparente zu erkennen.

 

DWN: Du warst selbst jahrelang Polizist, bevor du dich für die Fotografie entschieden hast. Wie beurteilst du mit dieser Erfahrung das Vorgehen der Polizei bei den Demonstrationen?

Marc Bernot: Ich denke, diese Erfahrung half mir das Gesehene gut einordnen und bewerten zu können. Wie schon erwähnt, schien der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine tragende Rolle mehr zu spielen. Ich bin selbst zweimal festgenommen und dabei körperlich und verbal angegangen worden. In beiden Fällen kam es zu keiner Anklage gegen mich. Immer mal wieder behinderte die Polizei meine Arbeit, indem sie mich herumstieß und schubste, in anderen Situationen versuchte man mir meine Kamera aus der Hand zu schlagen. Ich bin auch öfter aufgefordert worden, Datenträger zu löschen oder herauszugeben mit dem Hinweis auf angebliche Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Diese gab es natürlich nicht, denn bei den Aufnahmen handelt es sich schließlich um zeithistorische Dokumente nach § 23 KunsturhG. Das wussten sicher auch die Polizisten, sie versuchten es also mit Einschüchterung ohne ihre Aufforderung durchzusetzen. Die Erlebnisse die ich mit der Polizei hatte, deckten sich mit der Einschätzung des damaligen UN Sonderberichterstatters für Folter und Menschenrechtsverletzungen, Nils Melzer, der von einem Systemversagen bei Polizeigewalt sprach. Ich würde das Vorgehen bis auf wenige Ausnahmen wie er, als unverhältnismäßig und totalitär beurteilen. 

DWN: Was haben die Demonstrationen deiner Meinung nach gebracht? Ist dadurch ein gesellschaftlicher Prozess angestoßen worden?

Marc Bernot: Eine Frage, deren Beantwortung ich für schwierig halte. Zumindest haben die Demonstrationen gezeigt, dass es Menschen gibt, die die Dinge anders sehen und beurteilen. Und sie haben gezeigt, wie die Gesellschaft mit ihnen umgeht. Widersprüche tauchten auf, Doppelstandards wurden sichtbar. Das wiederum öffnete weiteren Menschen die Augen, was dazu führte, dass Demonstrationen und Spaziergänge regen Zulauf bekamen. Gerade auch bei den Spaziergängen offenbarte sich ja, dass die Maske der Rechtsstaatlichkeit immer mehr verrutschte und weiteren Menschen das Verständnis für die staatlich überzogenen Maßnahmen abhanden kam. Im Zusammenhang mit den Nebenwirkungen der Gentherapie und der Nichterklärbarkeit der Übersterblichkeit zerstört das bei vielen nachhaltig das Vertrauen nicht nur in die Regierung, sondern in das System allgemein – ein durchaus gesellschaftlicher Prozess den man hier beobachten kann. Bedenkt man jedoch, dass dieser von einer Minderheit angestoßen wurde, weil die Mehrheit wieder mitmachte, dann muss man davon ausgehen, dass es sich um einen langwierigen Prozess handelt, bei dem Wahrheit sehr zäh und spät ans Licht kommt und eventuell niemand sich mehr für irgendetwas verantworten muss. Man wird vermutlich, gesellschaftlich gesehen, wenig Lehren aus dieser Zeit ziehen und die Coronazeit wird im kollektiven Gedächtnis verblassen, so wie auch andere unschöne historische Ereignisse.

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Zur Person: Marc Bernot, *1974, ist freiberuflicher Fotograf mit einem Faible für Arbeiten in Schwarzweiß. Er arbeitet im Bereich Werbung für verschiedene Agenturen, Firmen und Privatkunden in den Gebieten der Food-, Business- und Architekturfotografie und ist im Rahmen der Reportagefotografie für verschiedene Magazine, Verlage und Privatpersonen tätig. In seinem Bildband „Freiheit – Traum und Wirklichkeit“ (ISBN 978-3-98584-236-0), erschienen im Klarsicht-Verlag, dokumentiert er die Corona-Proteste zwischen 2020 und 2022 in Schwarzweiß-Fotografien.