Steinmeier bei Wiederwahl abgewatscht – Medien verschweigen es

Er erhielt nur 1.045 von 1.223 Stimmen der Parteien, die ihn unterstützen.

Frank-Walter Steinmeier, der die aktuelle Bundesrepublik in einem Anflug von Größenwahn zum „besten Deutschland aller Zeiten“ erklärt hat, war kaum fertig mit der erneuten Selbstbeweihräucherung nach seiner Wiederwahl am heutigen Sonntag in Berlin, da zeigten die Medien mit ihrer Reaktion, wie verkommen die politische bzw. mediale Landschaft hierzulande nach 16 Jahren Merkel in Wirklichkeit ist. Die alteingesessenen Parteien unterstützten den Sozialdemokraten heute offiziell: CDU/CSU, die SPD, die FDP sowie die Grünen. Die Unionsparteien boten 445 Wahlleute (früher hieß es mal „Wahlmänner“) auf, die SPD 391, die Grünen 233 und die FDP 154. Das sind zusammen 1.223 Stimmen. Steinmeier kam aber nur auf 1.045. Mit anderen Worten: 178 Wahlleute der Parteien, die ihn offiziell unterstützten, haben ihm die Wahl verweigert. Das sind knapp 15 Prozent. Eine massive Ohrfeige. Und nun suchen wir in den Medien nach einer Schlagzeile dazu. Ich habe keine gefunden. Nicht einmal im Kleingedruckten.

Mehr noch: Obwohl dieses Thema eigentlich groß aufgegriffen werden sollte, zumindest im Vorspann, wird es verschwiegen. Ich musste alle Zahlen selbst recherchieren. Die Ohrfeige wird in den großen Medien, die ich in der Eile durchsah, schlicht verschwiegen, oder, wie im ZDF, geschickt unter den Teppich gekehrt. Gerne nehme ich positive Gegenbeispiele auf, wenn Sie sie finden, liebe Leserinnen und Leser. Ich gehe davon aus, dass es diese gibt. Aber das macht die Sache nicht besser – ich würde hier fast von einer Omerta sprechen – einer Schweigeabsprache.

Die Süddeutsche Zeitung etwa führt ihre Leser in die Irre mit folgendem Kurztext, der auf ihrer Seite zu sehen ist (dem sogenannten „Teaser“): „Mit breiter Mehrheit hat die Bundesversammlung Frank-Walter Steinmeier für weitere fünf Jahre als Bundespräsident bestätigt.“ Ebenso die taz: „Mit großer Mehrheit stimmt die Bundesversammlung für eine weitere Amtszeit des Staatsoberhaupts.“ „Der Präsident der Mehrheit“, titelt die Frankfurter Allgemeine. Formell alles richtig – die zur Wahl nötige Mehrheit lag bei lediglich 737 Stimmen. Aber dennoch: Es führt die Leser aufs Eis. Dafür wird vermeldet, dass Virologe Christian Drosten und Biontech-Mitgründerin und Impfstoff-Entwicklerin Özlem Türeci unter den Wahlleuten waren.

Besonders dreist manipuliert das ZDF: „1.045 Stimmen im ersten Wahlgang – Bundespräsident Steinmeier wiedergewählt“, lautet dort die Überschrift. Formell korrekt – aber da der Sender dem Leser erst unten im Kleingedruckten mitteilt, dass die Parteien, die Steinmeier unterstützten, „mehr als 1.220 der 1.472 Mitglieder der Bundesversammlung stellen“, und dann hier nicht noch mal die Zahl der Stimmen für ihn bringt (die der Leser so weit unten nach der Überschrift wohl kaum noch im Kopf hat) und mit keinem Wort die fast 15 Prozent Abweichler bringt, ist es manipulativ. Umso mehr, als der Teaser lautet: „Er erhielt von der Bundesversammlung eine überwältigende Anzahl der Stimmen“. 15 Prozent Abweichler als „überwältigende Anzahl der Stimmen“. Wie dreist ist das denn, Kollegen?

Solider Journalismus müsste auch diese Zahlen bringen: Die AfD entsandte 151 Mitglieder und die Linke 71. Die Freien Wähler stellten 18 Wahlleute, Stefanie Gebauer von den Freien Wählern erhielt aber 58 Stimmen, also 40 mehr als die Freien Wähler haben. Gerhard Trabert wählten 96 Wahlleute, also 25 mehr als seine Partei Stimmen hatte; auf 140 Stimmen kam Max Otte, also elf weniger, als über welche die AfD, die ihn nominierte, verfügte. Allerdings waren nach einem Bericht der „Welt“ nur 133 davon AfD-Mitglieder und von ihnen eingeladene Prominente an der Bundesversammlung – so durfte etwa Alexander Gauland nicht teilnehmen, weil sein Spucktest nicht anerkannt wurde. Otte bekam demnach ebenfalls Stimmen von Wahlleuten anderer Parteien. Was er selbst als Erfolg wertete.

Die Süddeutsche drehte das Ergebnis von Otte völlig um: „Am Ende bekam der Kandidat mit 140 Stimmen nicht mal so viele Stimmen, wie die AfD Wahlmänner und -frauen in der Bundesversammlung hatte (151).“ Bemerkenswert ist auch die Überschrift des Beitrags in dem Münchner Blatt: „Max Otte – Aus dem Stimmenfang wurde nichts“. Das ist Framing, klingt es doch fast so, als sei es etwas Verwerfliches, um Stimmen zu werben. Die Süddeutsche würde umgekehrt nie titeln: „Steinmeier kommt mit Stimmenfang durch“.

Im Angesicht der Manipulation der Medien wirkt die Selbstbeweihräucherung Steinmeiers nach seiner Wahl umso absurder. „Packen wir die Zukunft bei den Hörnern. Mögen die Autoritären ihre Eispaläste und Golf-Ressorts bauen, nichts leuchtet heller als die Idee der Freiheit und Demokratie in den Köpfen der Menschen“, sagte der Präsident, der das Land so spaltet wie keiner seiner Amtsvorgänger auch nur annähernd. So ein Maß an Realitätsverweigerung, wie es auch heute wieder bei ihm deutlich wurde in seiner Rede, kennt man sonst wirklich nur aus autoritären Staaten. Steinmeier schafft es auch ohne Eispaläste und Golf-Ressorts, sich diesen geistig anzunähern.

In seiner Rede erneuerte er dabei sofort seine Kriegserklärung an Kritiker der Corona-Politik: „Denen, die Wunden aufreißen, die in der Not der Pandemie Hass und Lügen verbreiten, die von ‚Corona-Diktatur‘ fabulieren und sogar vor Bedrohung und Gewalt nicht zurückschrecken, gegen Polizistinnen, Pflegekräfte und Bürgermeister, denen sage ich: Ich bin hier, ich bleibe.“ Perfides Framing, mit dem wieder Maßnahmen-Kritiker als verquer und gewaltbereit dargestellt werden.

Steinmeier ist eine massive Gefahr für unsere Demokratie und Freiheit sowie das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Genauso wie Medien, die derart manipulieren, dass sie die Ohrfeige bei seiner Wiederwahl verschweigen.

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